Auswilderung in Neuharlingersiel Die Rückkehr der Rebhühner an die Küste

Imke Oltmanns
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Von Imke Oltmanns
| 21.11.2024 13:05 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Ein Rebhuhn sitzt in einem Gehege des Zoologischen Gartens Wilhelma in Baden-Württemberg. Foto: Sina Schuldt/dpa
Ein Rebhuhn sitzt in einem Gehege des Zoologischen Gartens Wilhelma in Baden-Württemberg. Foto: Sina Schuldt/dpa
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Einst war das Rebhuhn ein typischer Vogel für die Küste. Bis die Veränderungen in der Landwirtschaft ihm das Leben schwer machten. Nun sollen die kleinen runden Vögel hier wieder ein Zuhause finden.

Neuharlingersiel - Kalt und nass ist es an diesem Novembertag in Neuharlingersiel, die Wolken hängen grau und schwer über der Landschaft – kein Tag, um länger nach Rebhühnern Ausschau zu halten. Aber sie sind da, versichern Simon Grootes und Thorsten Utesch bei einem Besuch in ihrem Jagdrevier. Vor kurzem erst hätten sie zwölf Rebhühner auffliegen sehen. Und natürlich nicht beschossen.

Simon Grootes und Thorsten Utesch an der Stelle im Revier bei Neuharlingersiel, wo die jungen Rebhühner ausgewildert wurden. Foto: Oltmanns
Simon Grootes und Thorsten Utesch an der Stelle im Revier bei Neuharlingersiel, wo die jungen Rebhühner ausgewildert wurden. Foto: Oltmanns

Die Jäger dieses Reviers nehmen an einem Programm der Landesjägerschaft teil. Und das lautet: die Rebhuhn-Population im Land zu stabilisieren. So ganz viele gibt es von diesem früheren Allerweltsvogel nämlich nicht mehr. In dem kleinen Feld westlich von Neuharlingersiel sind die Abdrücke der Auswilderungs-Voliere an diesem Tag noch gut im Boden zu sehen. Mehrere Wochen stand sie hier im Sommer, um die jungen Rebhuhn-Küken langsam an ihre neue Heimat zu gewöhnen. Ein grüner Fütterungseimer voller Weizen steht jetzt noch allein im Feld. Eigentlich, sagt Utesch, finden die Rebhühner auch so genug Nahrung. Aber in der Nähe der Eimer haben die Jäger Fotofallen platziert; sie wollen beobachten können, ob die Tiere auch noch da sind.

Der Eimer mit Weizen spendet noch Futter für die Rebhühner. Jost Grootes kontrolliert ihn hier. Foto: Oltmanns
Der Eimer mit Weizen spendet noch Futter für die Rebhühner. Jost Grootes kontrolliert ihn hier. Foto: Oltmanns

Das Rebhuhn

Das Rebhuhn ist ein kleiner, rundlicher, grau-rötlicher und wild lebender Hühnervogel. Er wird etwa 30 Zentimeter groß und wiegt in der Regel knappe 400 Gramm. Die Tiere ernähren sich von Wildkräutern, Gräsern und Insekten und lieben offene, strukturreiche Landschaften. Was ihnen in den letzten Jahrzehnten zum Verhängnis wurde. „Das Rebhuhn war einst der Charaktervogel der mitteleuropäischen Kulturlandschaft“, heißt es im jüngsten Jahresbericht der niedersächsischen Landesjägerschaft. Heute dagegen sei das Rebhuhn in der intensiv genutzten Feldflur nur noch selten zu beobachten.

Große aufgeräumte Felder statt kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft mit vielen wild bewachsenen Feldrändern – der Lebensraum der Rebhühner hat deutlich abgenommen. Nicht nur in Deutschland: Dieser Rückgang, heißt es im Landesjagdbericht, sei in den letzten Jahrzehnten in ganz Mitteleuropa festzustellen. Die Jäger haben einen Blick auf die Rebhühner, weil diese als Wildart im Jagdrecht erfasst sind. Sie dürfen ein paar Wochen im Herbst bejagt werden und wurden tatsächlich in früheren Jahren auch stark bejagt.

Das Rebhuhn und die Jäger

„Die Landesjägerschaft empfiehlt, Rebhühner nicht zu bejagen“, betont allerdings Frank Roeles, Leiter der Feldhuhnstation der Landesjägerschaft Niedersachsen. Diese Einrichtung gibt es seit 2022, sie ist in Merzen im Landkreis Osnabrück zu finden. Hier züchtet die Landesjägerschaft wilde Rebhühner, um sie möglichst in ganz Niedersachsen auszuwildern und wieder heimisch zu machen. Verantwortlich ist Roeles, der telefonisch gern Rede und Antwort steht. Auch, was seine Motivation angeht: „Wir sollten als Menschheit schon versuchen, die Arten zu erhalten, die hier mit uns leben“, sagt er. Und das Rebhuhn gehöre nun mal zu einer offenen Kulturlandschaft.

Kurz vor der Auswilderung - Frank Roeles, Leiter der LJN-Feldhuhnstation, setzt ein junges Rebhuhn in die Auswilderungs-Voliere bei Neuharlingersiel. Foto: Kapuhs/LJN
Kurz vor der Auswilderung - Frank Roeles, Leiter der LJN-Feldhuhnstation, setzt ein junges Rebhuhn in die Auswilderungs-Voliere bei Neuharlingersiel. Foto: Kapuhs/LJN

Roeles ist erkennbar stolz auf die Art und Weise, wie die Vögel in seiner Station gezüchtet werden: „Wir haben nie ein Rebhuhn gekauft und auch nichts eingekreuzt.“ Vielmehr züchte er Rebhühner nach, die aus Wildgelegen in ganz Niedersachsen stammten. Also aus Eiern verlassener Gelege etwa, die dann schnell in die Feldhuhnstation kommen und dort ausgebrütet werden. 300 Tiere haben sie seit 2022 in der Feldhuhnstation herangezüchtet, sagt Roeles. Rund 100 hätten sie für die Zucht behalten, 200 seien ausgewildert worden. In ausgesuchten Revieren.

Das Rebhuhn in Neuharlingersiel

Die Jäger aus Neuharlingersiel haben sich mit ihrem Revier um eine Teilnahme an dem Projekt beworben. Und das auch aufwendig vorbereitet: Es wurden Blühstreifen und Wildäcker angelegt. Und dann, sagen Grootes und Utesch, hätten sie auch die Füchse stärker bejagt – also die Fressfeinde der kleinen Hühnervögel. Im August kamen dann die ersten 14 Jungvögel aus der Feldhuhnstation. Nach zwei Wochen in der Auswilderungsvoliere ging es in die Freiheit. Im September seien dann noch mal zwölf Rebhuhn-Küken gekommen.

Wie viele von den gut zwei Dutzend Rebhühnern rund um Neuharlingersiel heimisch werden, wollen die Jäger im kommenden Frühjahr testen. Utesch erklärt, wie das geht: Mit einer Art Klangattrappe wird der Laut der Rebhühner nachgemacht. Kommt Antwort, sind die Tiere noch da.

Warum sie sich die ganze Mühe machen? „Artenvielfalt“, sagt Grootes dazu. Das Rebhuhn sei auch eine Art Aufhänger, ein Symbol. Denn wenn der Lebensraum für Rebhühner optimiert werde – mit Blühflächen, Wildäckern und kleinteiligen Flächen – hätten schließlich auch viele andere Arten etwas davon. Und wenn es richtig gut laufe, könne Neuharlingersiel vielleicht eine Art Keimzelle sein für die Rebhuhn-Population an der Küste.

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