Modernste Technik auf Norderney Sternegucken will gelernt werden

Doris Zuidema
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Von Doris Zuidema
| 28.09.2024 12:31 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Der Strand auf Norderney mit Wow-Effekt. Ralf Ulrichs, Astrofotograf und „Hüter“ der Sternwarte, hat dieses faszinierende Bild gemacht. Foto: Ulrichs
Der Strand auf Norderney mit Wow-Effekt. Ralf Ulrichs, Astrofotograf und „Hüter“ der Sternwarte, hat dieses faszinierende Bild gemacht. Foto: Ulrichs
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Seit 1962 gibt es auf Norderney eine Sternwarte. Sie funktioniert heute noch genauso wie damals, beherbergt mittlerweile aber modernste Technik. Sternegucker können sich für eine Führung anmelden.

Norderney - „Ich habe Sterne schon immer geliebt“, sagt Ralf Ulrichs. Schon seine Mutter habe ihm erzählt, dass sie ihn als Baby in den Nachthimmel habe schauen lassen müssen, damit er sich beruhigte. Und eine seiner ganz frühen Erinnerungen ist, dass er als Kleinkind in der Nacht aufstand, zum Fenster schlich und die Sterne beobachtete. Und dann, als er sieben Jahre alt war, lernte Ralf Ulrichs Wilhelm Dorenbusch, „eine Art Peter Lustig“ und dessen Frau kennen. „Die Dorenbuschs waren damals ein älteres, kinderloses Ehepaar, und ich wurde bei ihnen Kind im Haus,“ erinnert sich der 53-Jährige.

Ralf Ulrichs steht in der Kuppel der 1962 gebauten Sternwarte. Hier verbirgt sich die neuste Technik. Foto: Ulrichs
Ralf Ulrichs steht in der Kuppel der 1962 gebauten Sternwarte. Hier verbirgt sich die neuste Technik. Foto: Ulrichs

Wilhelm Dorenbusch baute Sternwarte

Wilhelm Dorenbusch war ebenso sterneverrückt wie der kleine Ralf. Er baute 1962 innerhalb von zwei Jahren auf seinem Grundstück in den Dünen beim Kap auf Norderney eine Sternwarte, um darin seine Teleskope, darunter sein selbst konstruiertes Newton Teleskop mit 8-Zoll-Öffnung, unterzubringen.

Hier hat Ralf Ulrichs Polarlichter mit der Kamera festgehalten. Foto: Ulrichs
Hier hat Ralf Ulrichs Polarlichter mit der Kamera festgehalten. Foto: Ulrichs

Zwar wurde die Sternwarte immer mal wieder repariert, aber im Grunde funktioniert sie heute noch so wie damals. Die Kuppel wird mittels einer Fahrradkette geöffnet und kann auf den vor 62 Jahren angebrachten Rollen komplett gedreht werden – den vermeintlich wandernden Sternen hinterher.

Modernstes Teleskop unter alter Kuppel

Mittlerweile beherbergt die Wilhelm-Dorenbusch-Sternwarte Norderney eines der modernsten Teleskope: ein Schmidt-Cassegrain-System mit 14 Zoll, montiert auf einem extrem standfesten Skywatcher EQ8. „Die Achsdrehkreuzmontierung darf nicht wackeln“, betont Ulrichs. Diese Markenbezeichnungen dürften zwar nur Astrofans etwas sagen. Aber alleine der Preis, den der Norderneyer für sein neustes Teleskop bezahlt hat, rund 15.000 Euro, lässt erahnen, wie sehr der 53-Jährige für die Astronomie brennt.

„Wenn ein Laie durch dieses Teleskop schaut, ist er erst mal enttäuscht. Das, was er zu sehen bekommt, sind keine Galaxien oder Spiralnebel, sondern allenfalls helle Matschflecken“, berichtet Ulrichs. Das schrecke viele Menschen ab, sich mit diesem Hobby näher zu befassen. „Das Beobachten muss erst erlernt werden“, sagt Ulrichs. „Das Gehirn muss ein Bild von dem haben, was das Auge erkennen will.“

Laien sehen erstmal nur helle Matschflecken

So richtig ermessen, was es dort draußen, in unvorstellbarer Entfernung zu sehen gibt, kann man erst durch das sogenannte Stacken von Fotos. Die Astrokamera am Teleskop macht dafür über Tage Bilder, Bilder, Bilder und noch mehr Bilder von ein und derselben Galaxie. Die werden übereinander gelegt und ergeben diese farbenfrohen und detailreichen Fotografien.

Erst Stapel von Fotos machen das Bild

„Bisher bin ich noch gar nicht dazu gekommen, die Kamera an meinem neuen Teleskop richtig auszuprobieren“, sagt Ralf Ulrichs. Das ist kein Wunder. Denn neben seiner Berufstätigkeit ist er Vorsitzender in dem 1992 entstandenen Astronomischen Arbeitskreis Norderney. Der wurde gegründet, um die Sternwarte des verstorbenen Wilhelm Dorenbusch zu übernehmen und zu erhalten. Ein weiteres Anliegen ist es, das Wissen über die Astronomie weiterzugeben. Dementsprechend häufig gibt es in der Sternwarte Führungen, die zu einem großen Teil von Ralf Ulrichs geleitet werden. „Reines Fachwissen nützt da nichts. Da muss man schon ein Entertainer sein“, sagt er schmunzelnd.

Bereits als kleiner Junge begeisterte Ralf Ulrichs sich für die Sterne am Nachthimmel. Foto: Ulrichs
Bereits als kleiner Junge begeisterte Ralf Ulrichs sich für die Sterne am Nachthimmel. Foto: Ulrichs

Inzwischen keine Führung ohne Anmeldung

Erst gab es die Führungen nur dienstags, inzwischen auch mittwochs, zunächst ohne Anmeldung und inzwischen – weil der Andrang so groß ist – nur mit Voranmeldung und mit maximal 17 Personen.

Und dann will Ralf Ulrichs ja schließlich auch noch Spiralnebel sehen, Galaxien entdecken und all das fotografieren. Wenn Polarlichter angekündigt sind, geht es für den Naturfotografen nachts an den Strand von Norderney.

Wann der Mann schläft, ist nicht überliefert. Aber Sterne – das ist so klar wie ein perfekter Nachthimmel – ziehen ihn magisch an.

Die Sternwarte bietet jeden Dienstag und Mittwoch Führungen nach verbindlicher Anmeldung an. Sie ist unter der Telefonnummer 0 176 / 249 28 209 sowie per E-Mail an: sternwarteney@aol.com zu erreichen.

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