Serie „Beziehungskiste“ Frau möchte sich Brüste abnehmen lassen – und trifft auf Unverständnis

Ute Nobel
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Von Ute Nobel
| 20.12.2023 10:27 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Bei einer sogenannten Mastektomie werden die Brüste operativ entfernt. Foto: illustrissima/Adobe Stock
Bei einer sogenannten Mastektomie werden die Brüste operativ entfernt. Foto: illustrissima/Adobe Stock
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Die 25-jährige Mareike aus dem Emsland wünscht sich eine sogenannte Mastektomie. In unserer neuen Serie Beziehungskiste bittet sie um Rat. Allgemeinmediziner Sandro Cotterli aus Detern antwortet.

Ostfriesland/Emsland - Leser fragen, Experten antworten: in unserer Serie Beziehungskiste. Mareike (Name von der Redaktion geändert), 25 Jahre alt, aus dem Emsland: Ich fühle mich unwohl in meinem Körper und wünsche mir eine Mastektomie. Mein Umfeld bringt dafür leider kein Verständnis auf. Was kann ich tun?

Antwort von Allgemeinmediziner Sandro Cotterli

Hallo Mareike,

gehe ich recht in der Annahme, dass Du dich in deinem Körper nicht mehr wohl fühlst, weil Du dich mit deinem Geschlecht nicht identifizierst? Also bist Du transidentitär. Ein leider immer noch gesellschaftlich schwieriges Thema. Hierbei sei erwähnt, dass Transidentität nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun hat.

Viele Betroffene möchten von ihrem Umfeld und der Gesellschaft in dem Geschlecht gesehen werden, dem sie sich zugehörig fühlen. Eine Psychotherapie bei einem dem Thema erfahrenen Therapeuten halte ich für unumgänglich. Nicht falsch verstehen, es geht nicht darum, die Transidentität als „Erkrankung“ zu behandeln, sondern den wahren Willen zur Geschlechtsangleichung festzustellen und eventuell den Weg mit zu begleiten. Im Zweifel können die Krankenkassen auch ein sozialmedizinisches Gutachten anfordern lassen.

Beziehungskiste

So sehr wir uns auch wünschen, dass es in Beziehungen immer harmonisch läuft: In der Realität kriselt es eben doch immer mal wieder im Zusammenleben mit anderen Menschen.

Hier wollen unsere Experten in der Serie Beziehungskiste helfen. Habt Ihr Fragen oder Konflikte, für die Ihr einen Rat sucht? Oder benötigt ihr einen Rat für einen Freund oder eine Verwandte? Die gestellte Frage besprechen wir dann mit einem der Experten und veröffentlichen Frage und Antwort (wenn gewünscht auch anonymisiert) jeden Mittwoch in unserer Zeitung und auf unseren Webseiten. Alle Zuschriften werden selbstverständlich sensibel behandelt. Schreibt uns gerne an beziehungskiste@zgo.de oder stellt Eure Frage ganz einfach hier:

Der Weg zur Geschlechtsangleichung startet nach dem Outing im Familien- und Freundeskreis in der Regel mit einer Hormontherapie nach der oben erwähnten Psychotherapie. Im weiteren Verlauf kommt es dann in mehreren Schritten zu den geschlechtsangleichenden Operationen mit der von Dir gewünschten Mastektomie (Entfernung der Brüste). Als nächster Schritt erfolgt dann die Entfernung der weiblichen Geschlechtsorgane (Gebärmutter und Eierstöcke) und dann die Geschlechtsaufbauenden Operation(en) (Aufbau eines Penis, unterschiedliche Möglichkeiten).

So einfach das alles klingt, so schwierig ist dieses auch. Es gibt viele Hürden. Die größte und gravierenste ist immer noch das Unverständnis im Umfeld und in der Gesellschaft. Hier helfen Offenheit und viele Gespräche über das eigene Gefühl. Man darf nicht vergessen, dass es für die meisten Menschen schwer nachzuvollziehen ist, wie es ist, sich im falschen Körper zu befinden. Auch wenn die Akzeptanz und die Offenheit stetig zunehmen, so sind Unverständnis und Anfeidung immer noch bittere Realität. Eine sehr hohe Suizidrate liegt nicht an der Geschlechtsangleichung, sondern vorwiegend an dem harten und steinigen Weg der Betroffenen hin zur Akzeptanz.

Zum Einen solltest Du, liebe Mareike, Dir ein gutes und verständnisvolles Umfeld schaffen. Menschen, die Dich aktuell nicht verstehen, kannst Du nur Zeit geben, Dich als den Menschen wahrzunehmen, der Du in Wahrheit bist. Zum Anderen solltest Du Dich in vertrauensvolle Hände begeben und eine Psychotherapie beginnen, denn diese steht am Anfang Deines langen Weges.

Ich hoffe, ich konnte Dir helfen und bin nicht über das Ziel hinaus geschossen, beziehungsweise habe Deine Frage falsch interpretiert. Es gibt sehr vieles zur Transidentität zu schreiben oder sagen, aber das Wichtigste ist die Akzeptanz (nicht unbedingt das Verständnis) von uns allen für die Betroffenen, die wirklich unter dem falschen Körper leiden.

Herzliche Grüße

Sandro Cotterli

Allgemeinmediziner Sandro Cotterli. Foto: privat
Allgemeinmediziner Sandro Cotterli. Foto: privat

Sandro Cotterli ist nach eigenen Angaben Landarzt aus Leidenschaft. „Deswegen ist die ganzheitliche Betrachtung des Menschen meine tägliche Aufgabe“, sagt er. Er hat eine eigene Praxis in Detern, davor war er als Arzt in der Ammerlandklinik tätig. „Der enge Kontakt mit Menschen und das Begleiten von kurz nach der Geburt bis hin zum Tod und aller Lebenslagen dazwischen ist die Erfüllung meiner Arbeit“, sagt Cotterli. Auf die neue Serie sei er gespannt. „Ich freue mich auf eine etwas andere Art, mit Menschen in Kontakt zu treten und eventuell hierrüber mit Rat zur Verfügung zu stehen.“

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