Deichbau in der Krummhörn Spülwiese mit Emsschlick ist „Vorzeigebiotop“ geworden
Am Campener Leuchtturm hat man vor einigen Jahren eine ehemalige Spülfläche für den Deichbau abgetragen. Entstanden ist – entgegen vielen Erwartungen – ein einzigartiger Lebensraum.
Campen - Die Salzwiesen des Wattenmeers sind ein einzigartiger und geschützter Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten zwischen Land und Meer. Deshalb ist es oft mit langen Diskussionen verbunden, wie sich Eingriffe in diesen Lebensraum für den Küstenschutz vereinbaren lassen. In der Krummhörn gab es diese Diskussionen, als die Deichacht 2015 Sand am Campener Deichvorland abbauen wollte, weil dieser für den Deichbau benötigt wurde. Was hat sich seitdem getan?
Was wurde am Campener Deichvorland gemacht?
Die betroffene Fläche war in den 1980er Jahren mit Sand aus der Ausbaggerung des Ems-Fahrwassers aufgespült worden - das war, bevor es den Nationalpark gab. Durch diese Aufspülung lag die Fläche zum Teil mehr als drei Meter über dem Meeresspiegel und wurde selbst bei Sturmfluten nur selten überspült. Als die Deichacht dort 2015 Sand für den Deichbau abbauen wollte, einigte sie sich mit der Nationalparkverwaltung auf eine anschließende Renaturierung der circa 18,5 Hektar großen Fläche, wie Hans-Wilhelm Lindners vom beauftragten Umweltbüro Ecoplan in der jüngsten Sitzung der Deichacht sagte. Dadurch, dass der Sand abgebaut wurde, liegt die Fläche wieder tiefer und auf dem Niveau des Meeresspiegels. Danach überließ man sie der Natur.
Wie hat sich die Fläche entwickelt?
Die Fläche hat sich deutlich besser entwickelt, als Umweltschützer oder die Deichacht es damals vermutet hätten. „Die Ergebnisse zeigen, dass dort das Richtige gemacht wurde“, sagte Hans-Wilhelm Lindners. Seine Aufgabe ist es, zu überprüfen, ob die Maßnahmen so umgesetzt wurden und werden, wie es damals bei der Sandentnahme vereinbart wurde. Entstanden sei ein selbst für das Wattenmeer einzigartiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Die Sandentnahme am Deich habe keinerlei negative Auswirkungen auf den Lebensraum gehabt - im Gegenteil: Die Umgestaltung der Fläche habe zu einer deutlichen Verbesserung des Lebensraums geführt.
Wie haben sich die Tier- und Pflanzenbestände entwickelt?
Die Fläche vor dem Campener Deich hat sich zu einem der wichtigsten Brut- und Rastgebiete der Brut- und Wiesenvögel im Nationalpark Wattenmeer entwickelt, sagte Hans-Wilhelm Lindners. Die Bestände hätten sich dort in den vergangenen Jahren „prächtig entwickelt“. Als Beispiele nannte er Säbelschnäbler, Austernfischer, Brandgans, Kiebitz, Rotschenkel oder Wiesenpieper. „Diese Fläche war teilweise der bedeutsamste Säbelschnäbler-Brutplatz im ganzen Nationalpark“, sagte Lindners.
Auch die Vegetation ist einzigartig hinter dem Campener Leuchtturm. Vergleichbare Flächen, zum Beispiel bei Borkum, seien mehr Salzwasser ausgesetzt als die in Campen, wo es wegen der Ems mehr Süßwasser gibt. Das hat natürlich Einfluss auf die Pflanzen, die dort besser wachsen können, als wenn sie Salzwasser ausgesetzt wären. „Wir haben dort eine Vegetation bekommen, die es sonst nirgends gibt. Das ist echt ein Vorzeigebiotop geworden“, sagte der Experte.
Was kostet das alles?
Die Deichacht gibt noch heute jede Menge Geld für die Renaturierung der Fläche aus, vor allem das Monitoring. Allein in diesem Jahr fallen Kosten in Höhe von 42.000 Euro an, noch bis 2028 läuft die Maßnahme.
Wie viele Salzwiesen gibt es im Nationalpark Wattenmeer?
Die Salzwiesen im Nationalpark Wattenmeer haben laut Nationalparkverwaltung eine Flächengröße von rund 8400 Hektar. Flächenmäßig stellen sie damit das größte Ökosystem nach den Meeresgebieten und dem Watt im Nationalpark dar und sind als FFH-Lebensraumtyp durch das Gesetz über
den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Etwa 60 Prozent der Salzwiesen im Nationalpark liegen an der Festlandsküste im Deichvorland, die restlichen 40 Prozent auf den Ostfriesischen Inseln.
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